Mittwoch, 9. November 2016

So weit die Trumpete tönt

Jetzt ist es also passiert. Das deklarierte Böse in der Gestalt von Donald John Trump wird das mächtigste Amt der Welt übernehmen. Ein Mann, der im Wahlkampf vor nichts zurückgeschreckt ist, ein Mann der reihenweise Bevölkerungsgruppen diskriminiert hat und vor allem ein Mann, an den eigentlich niemand so richtig geglaubt hat.

Und genau deswegen passt er so gut in die Zeit. Die Situation ist die gleiche wie am 24. Juni, dem Tag nach dem Brexit-Votum. In den Tagen vorher waren sich die Bürger so sicher, dass die offensichtliche Vernunft über den Populismus siegen wird, sodass sie gar nicht wählen gingen. Großbritannien schien ja eh schon sicher in Händen der EU. Das hätte man auch von Hillary Clinton denken können: Eine unglaublich unbeliebte Politikerin, die zwar nur für einen winzigen Bruchteil der Amerikaner eine gute Präsidentin hätte sein können, aber für viele doch als das kleinere Übel galt. Und genau deshalb schienen sich die Meinungsforscher aus aller Welt zwei Wochen vor der Wahl so sicher, dass eigentlich nur Clinton ins Weiße Haus einziehen könnte. So lange, bis FBI-Chef James Comey in der Woche vor dem 9. November wieder mit der E-Mail-Affäre ankam. Das war der endgültige Sargnagel für die Kandidatin des Establishments, die Wähler die sich von Clinton zwar nicht vertreten, von Trump aber abgestoßen fühlten, wandten sich nach diesem letzten Streitpunkt endgültig von der Kandidatin ab. Ob diese Wähler zu Trump abgewandert sind, oder einfach daheim geblieben sind, bleibt offen.

Aber die Meinungsforscher lagen wie so oft bei Wahlen falsch. Das zeigt vor allem der große Vorsprung, mit dem Trump das Rennen für sich entschieden hat. Es ist zu erwarten, dass sich in den nächsten Tagen eine Reue einstellt, die schon aus den Post-Brexit-Tagen im Juni bekannt ist. Natürlich wird diese Menge klein sein. Trump hat immerhin demokratisch einwandfrei die Wahl gewonnen, was in seinen Augen nur einwandfrei lief, weil er am Ende als Sieger aus der Wahl hervorging. Aber ein großer Teil der Amerikaner will den Umbruch, auch wenn niemand wirklich weiß, wie der unter Trump zu realisieren sein wird. Ein Umbruch, der Mauern an den mexikanischen Grenzen erlaubt und Waterboarding an Journalisten gutheißt. In seiner Siegesrede gab Trump sich bewusst versöhnlich, ob das so bleiben wird, muss sich zeigen.


Immerhin: Donald Trump stellt nicht für jeden Bürger gleich Unheil dar, wie das in den Medien manchmal suggeriert wird. Ein Politclown wie Trump braucht sicher eine deutlich längere Eingewöhnungszeit als ein etablierter Politiker, genau deswegen muss Trumps Umfeld dafür sorgen, dass er keine voreiligen Entscheidungen trifft. Vielleicht ist zu erwarten, dass er einige Streitigkeiten zwischen den USA und Russland mit seinem Bruder im Geiste Wladimir Putin beseitigen kann.  Ob das sinnvoll ist, ob zwei machthungrige Staatsführer zusammenarbeiten können, ist fragwürdig. Gleichzeitig hat er aber auch angekündigt, alle Errungenschaften der Kabinette Obama rückgängig zu machen.

Einen großen Verlierer gibt es auf jeden Fall: die EU. Trump, der reihenweise europäische Partner beleidigt, Deutschland als eine „Zweigstelle des Islamischen Staats“ beschreibt, mit dem kann man nicht so schnell auf einen grünen Zweig kommen. Wenigstens zeigt sich Angela Merkel kämpferisch. Sollte die Zusammenarbeit auf westlichen Werten beruhen, ließ die Kanzlerin verlauten, könne man sich eine Partnerschaft vorstellen. Welche Werte das in Anbetracht von Trumps Isolationismus und Fremdenhass sein sollen, darauf ging die Kanzlerin nicht ein.

Montag, 1. Februar 2016

Anarchie für Dekandente?

Es scheint, als würde man der NPD den Rang ablaufen wollen. Die Alternative für Deutschland hat das am Wochenende wieder ganz besonders gezeigt. Wo die rechtsextremen noch mittels peinlicher Videos aus Trier auf sich Aufmerksam machen, möchte die Parteisprecherin der AfD gleich zum Schießbefehl gegen Flüchtlinge an den Grenzen greifen. Und auch hier gilt: Im Gegensatz zu der rot-weißen Kleinstpartei sitzt sie sogar schon im Landtag der Landes Sachsen. Klar, wo auch sonst? Seit mehreren Jahren, spätestens seit der Etablierung von Pegida liegt das Gewaltpotenzial gegen Migranten und Flüchtlinge im Osten der Bundesrepublik mit Abstand am höchsten. Obwohl in Dresden und Erfurt so gut wie gar nicht von einer Flut von Andersstämmigen die Rede sein kann, haben sich doch sowohl ehemalige Gastarbeiter wie auch nun die Flüchtlinge in den neuen Bundesländern angesiedelt. Aber das stört niemanden, Platz zum Pöbeln ist bei Pegida und AfD immer da. 

Wenn auch einige der Parteikollegen noch etwas Vernunft zeigen und sich von Petrys Aussagen distanzieren, hat sie doch viele Unterstützer in den eigenen Reihen. Die stellvertretende Vorsitzende Beatrix von Storch verschärft die Situation sogar noch, indem man ja die Waffengewalt gegen Kinder aussetzen könne, Frauen jedoch die volle Kraft des AfD-Wahnsinns zu spüren bekommen sollen. Wer solche Ansichten vertritt, hat nicht nur Potenzial zu verfassungsfeindlichen Handlungen, der sollte auch schnellstmöglich aus dem Politikapparat aussortiert werden.  

Es ist ja nicht das erste Mal, dass sich die AfDler die DDR zurückwünschen, der Eiserene Vorhang ist aber vor mehr als 25 Jahren gefallen und die Methoden sollten dies auch für immer sein. Da können sie sich auch mit Seehofer zusammentun und "Rückführungszentren mit Todesstreifen" bauen. Da sollte ein freiheitlich-demokratischer Staat, mit dessen Federn sich Deutschland sich doch gerne schmückt, längst drüber hinweg sein. 

Nun, die AfD erntet den Spott den sie längst verdient hat, will sich das aber natürlich nicht eingestehen. Stattdessen sprechen Höcke, Petry und von Storch weiter vor Massen wie Pegida feiern, die ihnen vorgaukeln, sie würden tatsächlich eine Alternative für die deutsche Politik darstellen. Stattdessen nähern sie sich immer weiter einer Partei an, bei der von "rechtspopulistisch" keine Rede mehr sein kann.

Freitag, 29. Januar 2016

Dieses Video ist nicht verfügbar - Wie lange denn noch?

In den USA ist alles so einfach. Man hört Musik im Radio und kann auf YouTube gleich nachschauen, welcher Interpret das jeweilige Stück verfasst hat. Vorausgesetzt, es handelt sich um ein vom Künstler lizensiertes Video. Dieser Künstler stellt mit dem Hochladen eine enorme Verbreitung der Musik sicher, geht aber gleichzeitig das Risiko ein, dass Raubkopien des Songs entstehen. Um dem Vorzubeugen hat es sich eine Organisation mit dem markantem Namen Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, kurz GEMA, zu Aufgabe gemacht, auf YouTube für Recht und Ordnung zu sorgen, indem sie der amerikanischen Entertainmentplattform einen Rechtsstreit auf den Hals bindet. Dieser Streit ist fast so alt wie YouTube selbst und wird mindestens einmal pro Jahr durch eine neue Streitigkeit angefacht. Nun hat das Oberlandesgericht München entschieden, dass der Schadensersatzforderung von 1,6 Millionen Euro vorerst nicht nachgekommen wird. Die Summe soll dadurch entstehen, dass die GEMA ein Recht auf eine Provision von 0,375 Cent für jeden Klick auf ein Video bekommt, bei dem ein bei der Gesellschaft unter Vertrag stehender Künstler auftritt.  Über die Summe lässt sich streiten, die stört weder YouTube noch die GEMA wirklich. Im Prozess geht es vielmehr um die Grundsatzfrage, inwieweit die GEMA Videos zensieren darf. Denn das stört nicht nur YouTube, sondern auch den großen Teil der deutschen Nutzer, die nicht auf die Videos zugreifen können. 

Die GEMA hat die Aufgabe vor Urheberrechtsverletzungen zu schützen, was auf völlig legitim ist, denn jeder Künstler muss für seine Arbeit entlohnt werden. Gegen die Zensierung von vermeintlich raubkopierten Musikstücken spricht deshalb auch nichts. Für die Einhaltung der deutschen Urheberrechtsgesetze muss auch die GEMA sorgen, daran ist nicht zu rütteln.

Bei Musikvideos, die im 21. Jahrhundert beinahe zu 100% über Videoplattformen publiziert werden, sieht die Sache jedoch anders aus. Wenn ein Musiker oder eine Plattenfirma von sich aus entscheidet, das Risiko einzugehen und die entsprechende Musik auf YouTube zu stellen, dann ist sie auch primär dafür verantwortlich. Viele außerdeutsche Labels nutzen YouTube schließlich als Hauptwerbemedium, oft wird sogar schon auf andere Portale, wie etwa  Vevo oder MyVideo ausgewichen, um die Gesamtzahl der möglichen Kunden zu erreichen. Da kann man nicht mehr argumentieren, dass es nicht im Sinne des Künstlers wäre, wenn dieser es nicht auf YouTube veröffentlichen könnte.

Die Einschränkung ist also die einzige Lösung, um beide Parteien zufrieden zu stellen. Zensur der raubkopierten Musik und gleichzeitig das Ermöglichen von Werbung auf YouTube. Dass auch YouTube den Gesetzen entgegenkommen muss, ist unabdingbar, denn die haben in den 11 Jahren seit Erscheinung einiges versäumt. In wie weit diese Annäherung geschehen muss, ist noch offen, die GEMA hat bereits angekündigt, auf nächster Instanz zu klagen, dann vermutlich beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe. 

Mittwoch, 27. Januar 2016

Polens Medienkindergarten

Im Oktober  2015 ist in Polen das passiert, was in ganz Europa seit einigen Jahren Einzug hält. Die Radikalisierung der Regierung. Angefangen mit der linkskonservativen Regierung unter Alexis Tsipras in Griechenland, die den Euro in den Abgrund fährt und ihm auch nicht mehr wieder herausrücken will. Dann folgt das Erstarken des rechtsextremen Front National, der im Dezember bei den Regionalwahlen in Frankreich im Dezember seinen Höhepunkt fand. Auch wenn es hier noch glimpflich ausgegangen ist. Eine letzte Radikalisierung ist der Zulauf zu noch kleinen, teils krude Weltbilder vertretende, Organisationen in Deutschland.

Jetzt hat es also Polen erwischt. Und kaum im Amt, macht die neue Regierung gleich von sich Reden, in dem sie ein äußerst umstrittenes Mediengesetz verabschieden möchte. Darin heißt es, die Regierung unter PiS-Chefin Beata Szydło dürfe Personalentscheidungen bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mitbestimmen und diese auch kontrollieren. Auch sollen die Sender ungeachtet möglicher Verluste arbeiten, vielmehr verlangt Warschau die Konzentration auf den nationalen Auftrag. Wo der allerdings erfüllt sein soll, wo tausende Menschen auf die Straße gehen, das weiß nur die Partei für Recht und Gerechtigkeit. Dass genau diese zwei Schlüsselelemente damit abhanden gekommen sind, das stört allerdings niemanden im Staatsapparat.

Da passt auch der Nationalismus ins Bild. Wo die Gerechtigkeit fehlt, wächst die Intoleranz und die kritische Meinung verschwindet. Aber ist es in der heutigen Zeit wirklich nötig, dass ein Land wie Polen noch immer die Prinzipien aus Zeiten des Eiserenen Vorhangs verfolgt? Die europäischen Grundwerte, die sich das Land über die letzten 25 Jahre erarbeitet hat, werden damit eingeschränkt.
Die EU und Deutschland haben das Problem erkannt und werfen der Regierung undurchsichtige Machenschaften vor. Die Polen dagegen fühlen sich gleich auf die Füße getreten. Da wird gleich in kämpferischer Manier gedroht, dass Polen keine Flüchtlinge mehr aufnehmen würde, bis sich ein verantwortlicher Deutscher bei ihnen entschuldigt. Sei es drum, Polen hätte eh nur 7000 bei einer Einigung aufgenommen, da ist es doch sehr viel interessanter, wenn die Regierung auf der gesamten Welt vorgeführt wird.


Einige Verbündete dürfte Polen dann doch haben, Putin freut sich direkt über die Ankündigung. Klar, auch bei ihm werden kritische Journalisten gnadenlos aussortiert. Von der Türkei ganz zu schweigen. Da kommt sogar der Staatspräsident persönlich auf die Idee, Journalisten anzuzeigen und mit lebenslanger Haft zu drohen, nur weil sie über die Wahrheit berichten. Lügenpresse lässt grüßen.