Sonntag, 31. Mai 2015

Eigentor

Wie Blatter der FIFA nur selbst schadet

Kaiser. Ein Titel, der bisher nur Franz Beckenbauer gebührte. Aber was ist der FIFA-Präsident Josef Blatter denn auch anderes als ein gnadenloser Fußball-Monarch, dem die Strukturen seiner eigenen Institution weitestgehend egal sind? Da werden zwei Tage vor dem FIFA-Kongress, bei dem Blatter selbstverständlich wiedergewählt wird, sieben hochrangige Funktionäre aufgrund von undurchsichtigen Machenschaften verhaftet, das Ansehen der FIFA sinkt immer tiefer und doch werden Vorfälle heruntergespielt, das Leben im Fußballolymp geht scheinbar ganz normal weiter.

Was Blatter dabei nicht beachtet: Er kann weiter seine Machtposition behalten und stärken, aber was hilft das, wenn die FIFA von den Medien schon als Mafia bezeichnet wird?

Eine Institution, die letztendlich für eines der größten sportlichen Ereignisse der Welt verantwortlich ist.

Eine Institution, die für Fairness im Fußball stehen sollte, aber in den eigenen Reihen alles andere als fair handelt.

Eine Institution, von der eigentlich erwartet werden könnte, dass unter dem enormen Druck der einzelnen Verbände, der Medien und auch der Spieler, Änderungen durchgeführt werden können, um wieder den Sinn des Sports Fußball in den Vordergrund zu rücken.

Aber genau das wird nicht passieren solange Blatter noch die Zügel in der Hand hält. Doch wie lange kann das noch gut gehen? Selbst UEFA-Präsident Michel Platini hatte auf Blatter eingeredet und ihn zur Vernunft bringen wollen. Als DFB-Chef Wolfgang Niersbach die Hand gegen Blatter erhob, soll dieser laut Blatters eigenen Aussagen von Franz Beckenbauer „zusammengefaltet“ worden sein.
Und damit noch einmal zur Kaiserrolle: Auch der ursprüngliche „Kaiser“ Franz Beckenbauer wird immer mehr in die FIFA-Misere hineingezogen. Er ist einer der letzten Mitstreiter Blatters, die noch das Bollwerk gegen den Spott der Fußballwelt bilden. Dabei stellt sich erneut die Frage: Wie kann es sein, dass eine einstige deutsche „Fußballlegende“ und ein stolpernder schweizer Monarch allein eine Organisation stützen können von der sich ein Großteil der 209 nationalen Fußballverbände langsam aber sicher abwenden?

Lange können sie sich dieser Überlegenheit nicht mehr sicher sein, sollten die schweizerischen und amerikanischen Behörden noch mehr Fälle aufdecken und den Skandal einfach nicht abbrechen lassen. Dann bleibt Blatter eigentlich keine andere Wahl mehr, als zurückzutreten. Ob er wirklich weitere vier Jahre regieren kann sei dahingestellt, gut für das Ansehen der FIFA ist es sicherlich nicht.

Auch mit einem Rücktritt Blatters wäre es noch lange nicht getan. Solange korrupte, mafiaähnliche Strukturen in der FIFA herrschen kann sie nicht zur Ruhe kommen, eine Reform der gesamten Organisation ist hier nötig.
Dabei sollten auch jegliche WM-Vergaben der letzten Jahre berücksichtigt werden. In einem Land wie Katar, in dem jeden Tag Arbeiter zu Tode kommen, während sie Stadien für die 2022 stattfindende Weltmeisterschaft bauen, kann man nicht ein Fußballfest feiern, dass für Frieden und Harmonie steht. Der Bau mag zwar schon zu weit fortgeschritten sein um eine WM im Wüstenstaat noch zu verhindern, allerdings sollte man die Umstände doch deutlich verbessern.


Aber solange die beiden Kaiser uneinsichtig weitermachen in ihrer zwielichtigen Behörde, kann nur auf einen langsamen Zerfall ihres kleinen Fußball-Reiches spekuliert werden, damit die FIFA sich wieder um das kümmern kann, wofür sie eigentlich da ist: Den Fußball für alle Menschen erfahrbar zu machen ohne dabei unweigerlich jemanden zu schaden. 

Freitag, 22. Mai 2015

(Ge-) Wehrlos

Auch Ursula von der Leyen stolpert im Amt des Verteidigungsministers

Zuverlässig – fehlerhaft. Zwei Adjektive, die bereits für das Sturmgewehr G36 von Heckler und Koch verwendet wurden. Ursprünglich galt es als eine der besten Waffen der Bundeswehr, eine Waffe, die seit beinahe 20 Jahren von der Armee genutzt wird. Dieses Image konnte aber nur so lange erhalten werden, bis 2012 der Spiegel erstmals über das Problem der Ungenauigkeit bei längerer Benutzung berichtete. So lange unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandelt, bis Ende April in einer Pressekonferenz bekannt wurde, dass das Gewehr alles andere als zuverlässig schießt und sogar lebensgefährlich sein kann.

Aber kann die Öffentlichkeit wirklich die Verteidigungsministerin dafür verantwortlich machen? Die Antwort lautet, zumindest auf die Frage, warum sie das Problem so lange verschwiegen hat, eindeutig Ja. Laut Herstellerangaben hatte das Unternehmen schon Ende 2013 den Bundeswehr-Geheimdienst MAD informiert, auch wenn die Ministerin nicht von Anfang an Bescheid wusste, so hat sie doch noch viel zu lange gewartet um die Reißleine zu ziehen. Das hat sie nun getan, das G36 wird ausgemustert und Detlef Selhausen, ein ranghoher Ministeriumsbeauftragter wurde entlassen, vor allem um den Schaden der ausgearteten Affäre zu begrenzen. Beamte als Art Bauernopfer zu entlassen um selbst die Misere von sich zu lenken kann in der modernen Politik aber auch keine Lösung sein, die Probleme müssen bei allen Beteiligten gesucht werden, nicht zuletzt bei dem Unternehmen, bei dem vor über 20  Jahren die Entwicklung des fraglichen Gewehrs begann, nämlich Heckler und Koch.

Diese sehen sich laut Pressemitteilung des Vorstandes auch nur als Opfer der Politik, das G36 habe ja jahrelang ohne Probleme seinen Dienst getan. Sie verlieren mit dem G36 nicht nur einen ihrer Verkaufsschlager, sondern auch noch einen guten Teil ihres Rufes, was wohl der schwerwiegendere Punkt sein dürfte. Auch hier stellt sich die Frage: Warum kann eine Firma, die todbringende Waffen herstellt, nicht das Gewehr aus dem Verkehr ziehen und so unnötige Risiken im Kriegseinsatz vermeiden? Wie auch schon im Ministerium gilt hier: Nur wenn alle Beteiligten zusammenarbeiten, kann man eine Lösung finden. Ein Einschalten des Geheimdienstes durch Heckler und Koch reicht da bei Weitem nicht aus. 

Ein Austausch der ca. 170000 vorhandenen G36-Gewehre bleibt da der einzige Ausweg, ein Imageschaden ist natürlich trotzdem die logische Konsequenz. Wie auch schon von der Leyens Vorgänger als Verteidigungsminister, Thomas de Maizière, der durch die Eurohawk-Affäre stark in Bedrängnis geriet,  sieht sich von der Leyen auch wieder dem ungebändigten Spott der Bevölkerung ausgesetzt. Nun scheint es in vielerlei Hinsicht so als wäre für viele Minister das Amt  mehr ein Fluch als ein Segen, mit dem Thema Rüstung gehen die Deutschen von Grund auf schon äußerst kritisch um.


Sollte das Verteidigungsministerium also immer wieder brisante Themen geheim halten, so kann es sich dem Misstrauen der Bevölkerung sicher sein. Nur wenn die Institutionen der Politik, der Wirtschaft und auch die der Betroffenen selbst zusammenarbeiten, besteht doch noch die Chance, dass Heckler und Koch ein Gewehr entwickeln können, welches auch auf die Dauer mit „zuverlässig“ beschrieben werden kann.

Dienstag, 19. Mai 2015

Auf dem Abstellgleis

Bahnkunden leiden erneut unter GDL-Streik

„Fahrt fällt aus“. Diese in rot aufleuchtende Meldung dürfte eingefleischten Kunden des Online-Service der Deutschen Bahn nur allzu gut bekannt sein. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ruft zum neunten Mal im aktuellen Konflikt zum Streik auf und die leidtragenden Pendler stehen erneut vor der Frage: „Wozu das Ganze?“

Und die Frage ist durchaus berechtigt. GDL-Chef Claus Weselsky macht seit Monaten seine Forderungen klar, möchte die Bahn einen Kompromiss finden, ist der Gewerkschafter absolut nicht zu einer Einigung bereit. Zugegeben, die Bahn hat an der Misere alles andere als Unschuld, kann auch sie sich nur schwerlich damit anfreunden auf Weselsky zuzugehen. Die geforderten Punkte sind in vielerlei Hinsicht durchaus schlüssig, eine Verbesserung der Lokführer-Tarife ist sicherlich nötig. Nur stellt die GDL zu viele Forderungen an die Bahn, die damit nur mehr abgeschreckt wird. Beide Parteien sind insofern beide nicht zu wirklichen Verhandlungen bereit, weil jede Seite mit möglichst wenigen Kompromissen alle Forderungen durchsetzen möchte.

Ersatzfahrpläne, Verspätungen, Streiks. Begriffe, mit denen die Bahn mittlerweile identifiziert wird, hatte sie doch schon vor dem GDL-Tarifkonflikt nicht den besten Ruf bei den Kunden. Auch hier stellt sich die Frage: Wie lange machen die Bahnkunden das Durcheinander noch mit? Immerhin sind ja die Bahn und damit auch die Lokführer vom  Besuchsaufkommen abhängig, was sowohl für die Zeit des Streikes, aber auch darüber hinaus alles andere als dem wirtschaftlichen Profit zuträglich ist. Weselsky schadet der Bahn mehr, als diese durch die Tariferhöhungen wieder erwirtschaften könnten und schneidet sich damit ins eigene Fleisch.

Eine Schlichtung wird nur schwer möglich sein, solange Krawall-Claus weiter die Position seiner Gewerkschaft ausbauen will und die Bahn nicht einlenken möchte. Der ehemalige Verkehrsminister Peter Ramsauer (CDU) schlug nun die Verbeamtung der Lokführer vor, die Streikfrage könnte damit erst mal geklärt werden. Aber dass auch diese Idee nur Wunschdenken bleibt, ist natürlich zu erwarten, würde man doch den Einfluss der Lokführer-Gewerkschaften soweit herabsetzten, dass nur noch mit mehr Ärger zu rechnen wäre und das nicht nur von Seiten der GDL, sondern auch von Seiten der weitaus größeren Gewerkschaft, der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG).


Bleibt am Ende nur noch zu hoffen, dass die kleinen roten Anmerkungen im Fahrplan der deutschen Bahn möglichst schnell wieder verschwinden und nicht mehr so schnell auftauchen, damit sich die Lage in der Bahn-Landschaft etwas entspannen kann.