Montag, 27. Juli 2015

Das Unwort der Jugend

„Der Discopumper oxidiert nur rum, weil er Augentinnitus hat.“ Etwas verstanden? Kein Wunder wenn nicht, besteht der Satz doch aus Anwärtern zum Jugendwort des Jahres 2015. Übersetzt: Der muskulöse Discobesucher sitzt nur herum, weil er von Langweilern umgeben ist.
Auch heuer kennt das Fremdschämen zur Wahl keine Grenzen, der Langenscheidt-Verlag veranstaltet  nun schon zum achten Mal sein Laienschauspiel.

Da steht nur wieder die Eine Frage im Raum: Wozu das Ganze? Sicherlich nicht, um die Sprachkultur der deutschen Jugendlichen zu verherrlichen, als vielmehr ein unscheinbares Langenscheidt-Produkt zu vermarkten. Und das funktioniert.

Der Aufbau der Wahl ist durchaus leicht zu verstehen: Der Verlag legt eine Liste mit etwaigen Jugendwörtern zur Online-Abstimmung bereit, bei der dann jeder abstimmen kann. Ist die Vorauswahl abgeschlossen, fällt eine Jury die endgültige Entscheidung über das Gewinnerwort. Eine Jury, die von sich aus behauptet, nah an der jugendlichen Community dran zu sein. Das sind sie natürlich nicht.

Man muss zugeben, die Gewinner der letzten Jahre hat man durchaus gekannt, sie wurden auch so im Sprachraum genutzt. Man denke dabei an YOLO im Jahr 2012, das vor allem in den Sozialen Medien totgetrampelt wurde.  Auch „Babo“, das Jugendwort im Jahr 2013 hatte durch den Rapper Haftbefehl  seine Blütezeit von vier Wochen. Danach war es so gut wie verschwunden, sollte es heute jemand benutzen, dann nur mit einem ironischen Unterton. Daran erkannt man schon den Fehler im System einer solchen Wahl, die sich selbst zu Ziel setzt, die Entwicklung der Sprache zu dokumentieren.  Die Entwicklung läuft der Wahl davon, ist doch jedes Wort, das doch angeblich von jedem Jugendlichen benutzt wird, schon längst wieder in der Versenkung verschwunden.

Auffallend ist auch, dass sich einstige Jugendwörter schon selbst neu erfinden. Das Selfie hat sich gerade im gesamtdeutschen Raum, auch bei der älteren Generation, etabliert, da kommt ein gelber Verlag daher und bezeichnet das Selfie als „Egoshoot“, weil das ja angeblich die neue Version ist. Blöd nur, dass davon noch nie jemand Gebrauch gemacht hat. Da liegt die Vermutung nahe, der Langenscheidt-Verlag suche verzweifelt nach extravaganten Wörtern in den Tiefen des Internets. Solange, bis ein User endlich mal ein Wort erfindet, das man schön für eine solche Wahl verwenden kann. Wie sollte man sonst auf ein Wort wie „INOKLA“ für „inoffizieller Klassensprecher“ kommen?

Umso schöner ist es zu hören, dass heuer der erste Skandal auftrat: Man musste „Alpha-Kevin“ aus dem Repertoire nehmen, da es zu diskriminierend ist. Und das, obwohl es mit Abstand das beliebteste der Wörter war. Natürlich ist die Entscheidung nachvollziehbar, es darf niemand diskriminiert werden. Trotzdem muss man sagen, dass es eines der wenigen Wörter war, die überhaupt jemals verwendet wurden, wenn auch nur auf Facebook. Bleibt nur noch „merkeln“  als Spitzenreiter übrig, ein Wort, das jemanden als faul und nichtsnutzig bezeichnet. Das ist natürlich dann nicht diskriminierend, geht es doch nur um die Bundeskanzlerin.

Der Langenscheidt-Verlag ist trotzdem glücklich, man bekommt genügend Aufmerksamkeit für Werbezwecke. Dem allgemeinen deutschen jugendlichen Sprecher bleibt nichts anderes übrig, als die Wahl zu ignorieren und den wirklichen Sprachgebrauch auszuleben, der mit den Jugendwörtern der letzten vier Jahre auskommen muss. Diese dürften wohl das Maximum der Extravaganz aus der deutschen Jugendsprache rausgeholt haben.


Man kann nur darauf hoffen, dass die Wahl irgendwann wirklich Wörter aus dem Sprachraum aufnimmt, ansonsten macht der Langenscheidt-Verlag nichts anderes, als vor sich hin zu „kompostieren“.

Freitag, 24. Juli 2015

An der Grenze zur Vernunft

Krieg, Wirtschaft, Asyl. Das sind die Themen, denen sich die bayerische Politik im Bezug auf die Flüchtlingsproblematik gegenüber sieht. Ein ewiges Thema, steht die Politik doch zwischen Weltoffenheit und Verklemmtheit der Ewiggestrigen in Deutschland. Bayern sorgt für Furore, mit dem Plan, Asylbewerberheime an der deutsch-tschechischen Grenze zu errichten, um Wirtschaftsflüchtlinge schneller abschieben zu können. Klingt durchaus logisch, um die Flüchtlingswelle zu ebnen, ist es doch nur wieder ein Schnellschuss der bayerischen Politik, kurzfristige Pläne zu schmieden, die das Problem letztendlich nicht lösen.

Natürlich sind viele der Flüchtlinge nicht dazu befugt, hierher zu kommen, nur weil hier angeblich das Paradies ist. Das Paradies in einem Land, in dem noch viel zu oft Hass gegen Flüchtlinge geschürt wird, die alles Andere als das Paradies auf Erden erfahren werden.

Natürlich muss man gegensteuern, aber mit undurchsichtigen Abschiebungslagern? Sicherlich nicht. Die Politik sucht nach einer Lösung, um die Problematik in möglichst kurzer Zeit, mit möglichst wenig Aufwand zu lösen, die angepeilten Maßnahmen wirken jedoch alles andere als langwierig.
Sollte man nicht endlich einsehen, dass man die Gründe für ein Flüchten bekämpfen muss, um Deutschland zu entlasten? Vor allem im Balkan, dem Herkunftsland der Wirtschaftsflüchtlinge sollte das doch durchaus ohne große Militärgewalt machbar sein. Die Situation ist eine andere, als jene, die die Menschen im von Bürgerkriegen geplagten Afrika zur Flucht zwingt.

Einzig die Schleuser müssen bekämpft werden, versprechen sie doch die heile Welt, zu viele fallen darauf rein. Verbessert man die wirtschaftliche Lage auf dem Balkan, hilft man der Politik auf dem Balkan eine funktionierende Wirtschaft aufzubauen, so haben die Schleuser bald keine Einnahmequelle mehr.

Natürlich ist auch das leichter gesagt als getan. Rumänien und Bulgarien können durchaus noch von der EU beeinflusst werden, beim Kosovo ist das leider nicht möglich. Und genau da kommen die meisten Wirtschaftsflüchtlinge her. Da bleibt nur Hilfe, die die gesamtdeutsche Politik durchführen muss.

Herrmann und Seehofer müssen einsehen, dass mit solch ignoranter Politik nichts langfristig erreicht werden kann, sind die Spannungen im bayrischen Landtag doch zurzeit eh schon so groß, dass nur wenig Zeit für konstruktive Politik bleibt. Das muss sich schleunigst ändern, vor allem im Falle der Asylpolitik müssen auch andere Institutionen mitbestimmen dürfen. Nicht umsonst bezeichnet der deutsche Flüchtlingsrat die Pläne als Diskriminierung. In Zeiten, in denen Seehofer nichts erreicht, müssen auch andere mitwirken.

An der Flüchtlingswelle ändert das Ganze aber noch nichts. Ein Mensch, der Zuflucht im großen Europa sucht, wird viel zu oft menschenunwürdig behandelt. Das betrifft alle Flüchtlinge in Deutschland und der EU. Letztere ist auch alles andere als unschuldig in der Misere. Eine einheitliche Flüchtlingspolitik wird seit langem gefordert, aber was passiert? Nichts.
Es kann nicht sein, dass sich ein Großteil der EU-Mitglieder den Asylbewerbern komplett verschließt, würde da mehr in den deutschen Nachbarstaaten passieren, wäre Deutschland, insbesondere aber Bayern, deutlich entlasten. Aber es ist so in der EU, wie es immer ist. Deutschland allein muss alles ausbügeln.


Man sieht, viel muss geändert werden. Jegliche Flüchtlingspolitik erfordert Reformen, nur dürfen die nicht von der CSU dominiert werden. Flüchtlingslager zu errichten, nur um des Abschiebens Willen, darf nicht die Folge sein. Die EU ist in der Pflicht, sowohl die innereuropäische Politik zu strukturieren, als auch die Gründe für eine Flucht der Menschen aus ihrer Heimat zu reduzieren. Krieg und Zeiten der wirtschaftlichen Not wird es immer geben. Auch das Ankommen weiterer Flüchtlinge kann und soll nicht verhindert werden. Man kann die Situation aber sicherlich verbessern und das nicht nur mit hastig errichteten Abschiebungslagern.

Dienstag, 7. Juli 2015

Platt und Pleite

Gläubige und Gläubiger. Zwei ähnliche Begriffe, die nichts gemeinsam haben, aber für die Griechen trotzdem relativ nah beieinander stehen. Griechenlands Gläubiger verlieren die Hoffnung, jemals das Geld wiederzusehen, die Griechen glauben im Referendum trotzdem, dass sich unter Alexis Tspiras noch alles zum Guten wenden kann.

Viele Politiker in den EU-Mitgliedsstaaten fordern den Grexit, keiner weiß wie genau. Aber das ist doch wieder das althergebrachte Problem der EU: Jeder fordert nur, keiner packt was an. Und wenn einer was anpackt, so wie Griechenland das im Referendum versucht hat, dann versagt man vollständig. Die Griechen stimmen für Ja oder Nein, nur um die Frage zu beantworten ob man Sparpakete möchte oder nicht. Hängen die wirtschaftlichen und sozialen Probleme in Griechenland wirklich von so einer banalen Frage ab? Sicher nicht.

Tsipras fährt seine Anti-EU-Schiene weiter, hat damit unter den Hellenen auch durchaus Erfolg, was die Volksabstimmung ja wieder bezeugt. Der Nutzen davon ist aber weder ihm, noch den Griechen, noch den EU-Verantwortlichen klar. Sie reden aneinander vorbei, es werden Drohungen gemacht, welche aber niemals wahr werden. Und dabei ist doch genau das Nötig: Ein Druck auf alle Beteiligten, aber nicht um Kurzschlussentscheidungen zu treffen, sondern um endlich etwas durchsetzen zu können.
Das wollen jedoch weder die griechische Regierung, noch das EU-Parlament wirklich. Stattdessen macht man sich nur leere Drohungen.

Aber wer kümmert sich um die Griechen als Individuen? Die Bevölkerung wird zerissen zwischen wirtschaftlichen und politischen Ansprüchen. Konsequenzen wie etwa eine Sperre der Geldautomaten sind nur nötig aufgrund der jahrelangen politischen Misere, sind sie doch nur ein Symbol für die missliche Lage der Griechen im Moment.
Da ist es auch nur klar, dass man für Ja stimmt. 

Natürlich haben die Griechen ein Recht auf ein freies Verfügen über ihre Finanzen.

Natürlich haben die Griechen ein Recht auf Demonstrationen gegen die EU.

Niemand möchte im Privatleben weiter durch die Sparmaßnahmen eingeschränkt werden.

Aber Tspiras die unüberlegten Lobesreden auf das griechische Volk abkaufen? Das ist auch nicht der richtige Weg. Die Griechen argumentieren, die EU habe sie mit den jahrelangen Sparmaßnahmen endgültig in den Abgrund getrieben. Die EU hat sich nicht richtig verhalten, nur Auflagen zu stellen und Geld nach Griechenland zu pumpen, ohne den direkten Nutzen des Geldes zu kontrollieren. Die EU muss sich auch nach dem Referendum verbessern.
Eines wird aber vergessen: Warum sind Sparmaßnahmen überhaupt nötig? Weil die Regierung jahrzehntelang versagt hat. Steuern wurden nur sporadisch erhoben, das Renteneintrittsalter war auch äußerst undurchsichtig festgelegt. Wenn man solches Basiswissen aus dem Grundschatz der Staatsführung nicht beachtet, kann ein Staat wirtschaftlich nur zum Scheitern verurteilt sein.  Da hätte es aber an den Griechen liegen müssen, diese Steuern abzugeben, zu arbeiten, so lange es nötig ist, um die Liquidität eines Staates zu sichern.

Ein Umdenken, das schon vor Jahren hätte stattfinden müssen. Jetzt ist es sicherlich zu spät. Sobald man dermaßen in das Privatleben eines Einzelnen einschreiten muss, kann man nur sehr schwer die Ordnung im Staat wiederherstellen.

Griechenland hat nur noch wenige Alternativen. Man kann weiter einen Schuldenschnitt fordern, der von EU-Seite sicher nicht kommen wird, auch ein Hoffen auf weitere Gelder ohne Auflagen, wie es zweifelsohne von Tsipras gefordert wird ist ebenso unwahrscheinlich. Sollten alle Stricke reißen, bleibt nur eine Währungsreform, ob diese mit einem Austritt aus der Eurozone zusammenhängt sei dahingestellt.

Alle Beteiligten müssen schleunigst eine Lösung finden, vielleicht können die Griechen dann wieder anfangen zu glauben, dass die Geldautomaten eines Tages wieder mehr Geld herausgeben können.