Freitag, 19. Juni 2015

Überfahren

Armselig. Nichts weiter ist das Prestigeprojekt einer bayrischen Winzlingspartei im Bundestag, die PKW-Maut. Verkehrsminister Alexander Dobrindt bekommt jetzt die Rechnung dafür und das auch völlig zu Recht. Die EU-Kommission fügte dem CSU-Projekt einen so verheerenden Schaden hinzu, sodass Dobrindt jetzt die Notbremse ziehen musste und das umstrittenste Verkehrsprojekt der letzten Jahre auf unbekannte Zeit verschieben musste.

Aber wie konnte es überhaupt so weit kommen? Wie konnte man bei der CSU wirklich der Meinung sein, den Bürgern scheinheilig das Geld über eine Senkung der KFZ-Steuer wiederzugeben und dabei  bei Ausländern gnadenlos abzukassieren? Natürlich wird erneut alles auf die anderen geschoben. Schuld ist wieder die böse EU, die ja nur an sich denkt und sich immer in die Angelegenheiten des deutschen Staates einmischt. Aber kann man der EU-Kommission verübeln, dass auch noch andere Länder Mitglied  im Staatenbund sind, die nicht nur ausgenutzt werden wollen, wenn deren Bürger über deutsche Straßen fahren?

Die Grundidee der Maut ist ja durchaus recht edel. Die Deutschen müssen in Österreich, Italien und Frankreich Maut zahlen, dann sollen das die Autofahrer aus Österreich, Italien und Frankreich auch in Deutschland machen. Dabei wird aber vergessen, dass die betroffenen Fahrer auch in ihrem eigenen Inland für die Benutzung der Straßen zahlen müssen. Aber Deutschland will sein eigenes Süppchen kochen, hat es nur leider selbst versalzt.

Das Verfahren am Europäischen Gerichtshof dürfte zu lange dauern, um die Maut noch in der Legislaturperiode bis 2017 durchzusetzen, was danach geschehen ist bleibt offen, profitierte von den Plänen doch nur eine einzige Partei: die CSU.

Selbst innerhalb der Partei bröckelt der Rückhalt, die Union spaltet sich. Einige reden vom Super-GAU, andere sehen sogar schon die Bundestagswahlen 2017 oder die Landtagswahlen 2018 in Bayern in Gefahr. Und das nur, weil ein sturer Ministerpräsident und ein ebensolcher Verkehrsminister die Maut einführen wollten, obwohl nicht selten von europäischer Seite gewarnt worden, die Maut werde gründlich untersucht werden. Da kommt es wie es kommen muss: Der Gesetzesentwurf ist nicht mit den EU-Werten vereinbar. Selbst Schuld, könnte man da fast sagen.

Mit politischen Plänen, die im Grunde von der gesamten „Normalbevölkerung“ gehasst werden, kann man auf die Dauer aber keine erfolgreiche Politik machen.  Das einzige Projekt, das die CSU zum Koalitionsvertrag beigetragen hat ist gescheitert, und auch andere Themen werden in Bayern zum Brennpunkt: Man denke an die Stromtrasse, die die Bevölkerung in ähnlicher Weise gespalten hat.

Seehofer hatte mal angekündigt, ohne PKW-Maut würde er keine Politik in der Großen Koalition betreiben. Die Maut ist gescheitert. Seehofer muss also zu seinem Wort stehen.

Sonntag, 14. Juni 2015

Gefangen im Cyberraum

Angela Merkel hat das Internet für die Politik 2013 ganz treffend auf den Punkt gebracht: Neuland. Der Kanzlerin mag man es verzeihen können, wenn das Internet als Sache betrachtet wird, die selbst nach mehr als 20 Jahren als neu betrachtet wird. Bezogen auf den Hacker-Angriff auf den Bundestag passt es wie die Faust aufs Auge. Eines der wichtigsten Staatsorgane muss zusehen, wie die betroffenen Abgeordneten auf ominöse Anhänge in E-Mails klicken und dadurch das Netzwerk des Bundestags angreifbar machen.

Und all das, obwohl seit Jahren auch von politischer Seite gepredigt wird, dass genau über solche Mails viele der vermeintlichen Viren in das System kommen. Unwissenheit, Unsicherheit und Ignoranz kommen nicht das erste Mal in der Politik vor. Anstatt nach den Ursachen des Angriffs zu suchen, der vermeintlich vom russischen Geheimdienst ausging, verabschiedet der Bundestag in aller Ruhe ein IT-Sicherheitsgesetz für Firmen die ein angreifbares Ziel bilden, für den Bundestag selbst kommt dieses Gesetz allerdings deutlich zu spät.

Sollte ein so wichtiges Verfassungsorgan wie der Bundestag nicht mit den besten IT-Leuten ausgestattet sein und einen dementsprechenden Sicherheitsstandard besitzen? Anscheinend nicht,  hatte man doch nur über zwei Jahrzehnte Zeit sich über die Gefahren des Internets auf kritische Informationen bewusst zu werden.  Die Abgeordneten schämen sich und machen das was sie immer tun, wenn etwas fragwürdiges im Bundestag passiert. Sie suchen die Ursachen bei allen anderen, aber nicht bei sich.

Aber auch in Deutschland sollte man sich den Möglichkeiten der Online-Kriegsführung bewusst werden. USA und China, Nordkorea und Japan, Russland und Deutschland. Alles Länder, die sich in den letzten Monaten und Jahren gegenseitig die Schuld an diversen Hackerangriffen zuschoben. Nach den Angriffen Anfang Juni auf Daten hochrangiger US-amerikanischer Beamter drohen die USA sogar mit finanziellen Sanktionen gegen die Volksrepublik China. Und das, wo die USA doch die größte Spionage der neueren Zeit mit dem PRISM-Programm vorzuweisen haben.

Aber kann es eine Lösung sein, Geheimdienste aufeinander zu hetzen um Informationen zu erlangen, die den einzelnen Regierungen doch eh nichts bringen? Ein gemeinsamer Dialog zu den Gefahren des Internets wäre da deutlich hilfreicher. Natürlich wird das nicht passieren, solange jede Nation ihre eigenen kleinen Hackerangriffe startet und die anderen nur allzu gern bereit sind, ihnen diese Informationen auch noch zu geben.

Und damit wieder zurück zum Bundestag. Die Verantwortlichen sollten schleunigst an einer Verbesserung der Sicherheitsmaßnahmen arbeiten, damit weitere Angriffe in Zukunft ausgeschlossen werden können. Und auch die Politiker selbst sollten sich langsam ernsthaft mit dem Thema Internet auseinandersetzen, waren sie es doch selbst, die für ein Gelingen des Angriffes gesorgt haben.

Vielleicht kann Angela Merkel dann endgültig im Neuland ankommen, auch wenn sie dann wohl oder übel feststellen werden muss, dass das Land schon Jahre vorher von sogenannten „Nerds“  beansprucht wurde, die tatsächlich schon lange dort leben.