„Der
Discopumper oxidiert nur rum, weil er Augentinnitus hat.“ Etwas verstanden?
Kein Wunder wenn nicht, besteht der Satz doch aus Anwärtern zum Jugendwort des
Jahres 2015. Übersetzt: Der muskulöse Discobesucher sitzt nur herum, weil er
von Langweilern umgeben ist.
Auch heuer
kennt das Fremdschämen zur Wahl keine Grenzen, der Langenscheidt-Verlag
veranstaltet nun schon zum achten Mal
sein Laienschauspiel.
Da steht nur
wieder die Eine Frage im Raum: Wozu das Ganze? Sicherlich nicht, um die
Sprachkultur der deutschen Jugendlichen zu verherrlichen, als vielmehr ein
unscheinbares Langenscheidt-Produkt zu vermarkten. Und das funktioniert.
Der Aufbau
der Wahl ist durchaus leicht zu verstehen: Der Verlag legt eine Liste mit
etwaigen Jugendwörtern zur Online-Abstimmung bereit, bei der dann jeder
abstimmen kann. Ist die Vorauswahl abgeschlossen, fällt eine Jury die
endgültige Entscheidung über das Gewinnerwort. Eine Jury, die von sich aus
behauptet, nah an der jugendlichen Community dran zu sein. Das sind sie
natürlich nicht.
Man muss
zugeben, die Gewinner der letzten Jahre hat man durchaus gekannt, sie wurden
auch so im Sprachraum genutzt. Man denke dabei an YOLO im Jahr 2012, das vor
allem in den Sozialen Medien totgetrampelt wurde. Auch „Babo“, das Jugendwort im Jahr 2013
hatte durch den Rapper Haftbefehl seine Blütezeit
von vier Wochen. Danach war es so gut wie verschwunden, sollte es heute jemand benutzen,
dann nur mit einem ironischen Unterton. Daran erkannt man schon den Fehler im
System einer solchen Wahl, die sich selbst zu Ziel setzt, die Entwicklung der
Sprache zu dokumentieren. Die
Entwicklung läuft der Wahl davon, ist doch jedes Wort, das doch angeblich von
jedem Jugendlichen benutzt wird, schon längst wieder in der Versenkung
verschwunden.
Auffallend
ist auch, dass sich einstige Jugendwörter schon selbst neu erfinden. Das Selfie
hat sich gerade im gesamtdeutschen Raum, auch bei der älteren Generation,
etabliert, da kommt ein gelber Verlag daher und bezeichnet das Selfie als
„Egoshoot“, weil das ja angeblich die neue Version ist. Blöd nur, dass davon
noch nie jemand Gebrauch gemacht hat. Da liegt die Vermutung nahe, der
Langenscheidt-Verlag suche verzweifelt nach extravaganten Wörtern in den Tiefen
des Internets. Solange, bis ein User endlich mal ein Wort erfindet, das man
schön für eine solche Wahl verwenden kann. Wie sollte man sonst auf ein Wort
wie „INOKLA“ für „inoffizieller Klassensprecher“ kommen?
Umso schöner
ist es zu hören, dass heuer der erste Skandal auftrat: Man musste „Alpha-Kevin“
aus dem Repertoire nehmen, da es zu diskriminierend ist. Und das, obwohl es mit
Abstand das beliebteste der Wörter war. Natürlich ist die Entscheidung
nachvollziehbar, es darf niemand diskriminiert werden. Trotzdem muss man sagen,
dass es eines der wenigen Wörter war, die überhaupt jemals verwendet wurden,
wenn auch nur auf Facebook. Bleibt nur noch „merkeln“ als Spitzenreiter übrig, ein Wort, das jemanden
als faul und nichtsnutzig bezeichnet. Das ist natürlich dann nicht
diskriminierend, geht es doch nur um die Bundeskanzlerin.
Der
Langenscheidt-Verlag ist trotzdem glücklich, man bekommt genügend
Aufmerksamkeit für Werbezwecke. Dem allgemeinen deutschen jugendlichen Sprecher
bleibt nichts anderes übrig, als die Wahl zu ignorieren und den wirklichen
Sprachgebrauch auszuleben, der mit den Jugendwörtern der letzten vier Jahre
auskommen muss. Diese dürften wohl das Maximum der Extravaganz aus der deutschen
Jugendsprache rausgeholt haben.
Man kann nur
darauf hoffen, dass die Wahl irgendwann wirklich Wörter aus dem Sprachraum
aufnimmt, ansonsten macht der Langenscheidt-Verlag nichts anderes, als vor sich
hin zu „kompostieren“.
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